Vom Sinn, Unsinn und Verhältnismäßigkeit von Schutzmaßnahmen für Hunde – von Anke Lehne

„Nur die Harten kommen in den Garten!“ oder „Sicher ist sicher, besser nix riskieren!“

Schutzbrillen, Pfotenschuhe, Schlagschutzwesten, Regenmäntel, Kühlwesten, wärmende Mäntel, Neoprenwesten etc. pp. nichts, was es nicht gibt. Aber welcher Hund braucht wann was und ist Schutz immer besser als keiner?

Wir scheinen in einem Zeitalter der Extreme zu leben. Die einen belasten ihre Tiere gnadenlos mit dem Tenor „Das müssen die abkönnen!“, die anderen packen sie förmlich in Watte, damit ja kein Kratzer, keine Belastung an das liebe Schätzelein kommt. Wo ist das Mittelmaß, der gesunde Menschenverstand abgeblieben?

Ursprünglich war Schutzausrüstung etwas für individuelle Einzelfälle. Der regelmäßig eng und scharf am Wildschwein jagende Hund sollte vor Schlägen durchs Gewaff (Zähne) geschützt, aber dadurch auch nicht in der Bewegung behindert sein. Zum Rehwild-jagen braucht es jedoch eher keine Ritterrüstung. Wenn der Hund eher vorsichtig an der Sau agiert, dann ist es auch kein Muss. Entsprechend unterschiedlich sind meine beiden Damen eingekleidet. Aura mit gutem Schlagschutz, Toni nur mit leichtem Material, das sie primär gut sichtbar macht und ihre Milchleiste vor Dornen schützt.

Schutzbrillen brauchen Hunde mit entsprechenden Augenerkrankungen als Schutz vor UV-Licht, wie unser Carlchen, vor Wind oder Staub und Arbeitshunde, die in entsprechend gefährlichem Gebiet arbeiten. Der zu bespaßende, gesunde Familienhund hingegen eigentlich nicht, auch nicht, wenn er off-road sein Spielzeug, seinen Duftstoff, seinen Dummy sucht. Stöberhunde rennen jedes Jahr bis zu mehreren hundert Kilometern durch Büsche, Augenverletzungen sind die Ausnahme, nicht die Regel.

Neoprenwesten machen Sinn, wenn der im Wohnbereich gehaltene, gar kurzhaarige Hund bei kalten bis eisigen Temperaturen ins Wasser und danach wieder warten muss, damit er sich nicht erkältet. Geht es aber nach der Wasserarbeit gleich abgetrocknet ins Warme, kann auf diesen Kälteschutz sicher gefahrlos verzichtet werden.

Ein gesunder Hund mit dichter Fellstruktur braucht im herbstlichen Regen regulär keinen Regenmantel, wenn er sich zügig bewegen kann. Alte und/oder kranke Exemplare hingegen durchaus, selbst wenn sie dichtes Fell haben. Gleiches gilt für wärmende oder kühlende Utensilien, je nach Umgebung und Hund, aber nicht per se.

Booties für Hunde, die lange Strecken in vereistem Schnee laufen müssen, Pfotenschuhe für Diensthunde, die zwischen hunderten zerschlagenen Flaschen eingesetzt werden, Schutz vor Streusalz bei wunden Pfoten – sinnvoll, keine Frage. Aber nur weil es Frost oder Hitze hat? Hundepfoten sind keine menschlichen Füße, sie sind deutlich anders gebaut, die Ballen sind die natürliche Schutzschicht. Ich rede nicht von glühendem Asphalt, wo der Bitumen schon schmilzt oder sibirischen Minusgraden, sondern dem, was hier (noch) unter normalem Sommer/Winter läuft.

Schutzausrüstung schützt, sie schränkt aber auch ein – die Beweglichkeit, das Blickfeld, die Wahrnehmung, den Gripp von Pfote und Kralle. Ich versuche zu überlegen, wie wahrscheinlich kommt es zu einem Unfall und wie schwerwiegend ist dieser dann vermutlich. Als ein Beispiel „Schutzbrille gegen Augenverletzung beim Suchen/Stöbern im Busch“: 135 Lebensjahre Hund habe ich begleitet, alle rockten aus diversen Gründen gerne durchs Dichte, ergaben 3 Augenverletzungen, davon zwei harmlos, eine war kritischer, ist aber gut abgeheilt. Hunde kommen auch mit eingeschränkter Sehfähigkeit gut klar. Fazit für mich, andere dürfen natürlich andere ziehen: Keine Brille im Einsatz. Völlig anderes Ergebnis bei der Schlagschutzweste und entsprechend wildscharfen Hunden, denn der „worste case“ ist potentiell tödlich. Ist wie mit dem Anschnallgurt oder dem Fahrradhelm, brauchen die meisten ein Leben lang nicht, aber wenn, dann ist es deutlich besser, wenn es angelegt war.

Ansonsten, kleinere Verletzungen und Unfälle passieren, wenn man sich irgendwie betätigt, das gehört zum Leben dazu. Wir machen doch auch Sport, schützen uns, sinnvoll nicht übertrieben.

Haben eure Hunde Schutzausrüstung und wenn ja für welche Situationen? Seid ihr eher Typ „wird schon werden“ oder „Nummer sicher“? Hinterlasst uns gerne einen Kommentar!

1 Kommentar zu „Vom Sinn, Unsinn und Verhältnismäßigkeit von Schutzmaßnahmen für Hunde – von Anke Lehne“

  1. Da bin ich völlig deiner Meinung, man sollte es nicht übertreiben mit der Schutzkleidung.
    Unsere Hunde haben im südafrikanischen Winter Nachts eine Fleeceweste getragen, weil es dort keine Heizung gibt, sondern nur das Kaminfeuer und der Ofen.
    Alle meine HuTa Welpen und Hunde haben dort in unserem Pool schwimmen gelernt, die Bulldoggen und Frenschies haben Schwimmwesten getragen, weil sie dadurch, dass sie keinen Schwanz haben oftmals Probleme mit der Steuerung haben.
    Hier in Deutschland trägt unser Parson Senior einen einfachen Regenmantel und wenn es kalt ist einen wattierten Hundemantel.
    Keine Modelle mit übergroßen Kragen, wie sie heute angeboten werden.

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